Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor
Das Thema Nachhaltigkeit wurde firmenintern lange Zeit den Bereichen Marketing und Kommunikation zugeordnet. Es ging primär darum, in Form eines «Code of Conduct» gute Absichten zu signalisieren.
Mit der überwältigenden internationalen Zustimmung zu den siebzehn UNO-Nachhaltigkeitszielen und den Pariser Klimazielen im Jahr 2015 hat sich aber die Situation allmählich verändert. Es waren zwar Staaten, welche diese Vereinbarungen unterschrieben haben, doch deren Umsetzung in nationale Gesetzgebungen betrifft auch den Handlungsspielraum von privaten Unternehmen.
Grossfirmen setzten bereits zuvor primär auf Selbstregulierung. Ausgehend von bestehenden Prinzipien, welche von internationalen Organisationen definiert wurden (z. B. UN Global Compact, OECD Guidelines for Multinational Enterprises), versuchten sie, Firmennachhaltigkeit über sogenannte ESG-Kriterien konkret im Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsbereich fassbar und operationalisierbar zu machen. Diese wurden dann auch zunehmend in der Finanzindustrie für konkrete Anlageentscheide verwendet. Doch auch diese Bemühungen, Nachhaltigkeit in der Wirtschaft besser fassbar zu machen, wurden mit dem exponentiellen Wachstum an ESG-Investitionen in der Finanzindustrie zunehmend infrage gestellt. In der Juli-Ausgabe 2022 der Wochenzeitschrift «The Economist» wurde nun sogar vorgeschlagen, das ESG-Kürzel ganz abzuschaffen, weil es zu viel Green- und Social Washing enthalte. Mit anderen Worten, Kunden würden getäuscht, weil nicht das drinsteckt, was behauptet wird. Stattdessen wird postuliert, dass nur noch das «E» in Zukunft zählen wird, wobei dieses E nicht etwa für «Environment», also Umwelt, steht, sondern bloss noch für «Emissions», also die Reduktion von Treibhausgasemissionen. Die Beschränkung der Firmennachhaltigkeit auf den Klimaschutz wäre allerdings nicht kompatibel mit dem Geist der UNO-Nachhaltigkeitsziele, welche erkennen, dass für eine Mehrheit der Bevölkerung auf diesem Planeten immer noch die Armut der Hauptfeind der Nachhaltigkeit ist. Nicht Klimaschutz, sondern Klimaanpassung und inklusives Wirtschaftswachstum haben in diesen Ländern Priorität.
Schliesslich wird gerade in Europa der Regulierungsdruck im Bereich der sozialen Dimension der Nachhaltigkeit mit der vorgeschlagenen EU-Direktive zu «Corporate Sustainability and Due Diligence» steigen. Sie fordert eine Berichterstattungspflicht für grössere Firmen, die sich jedoch auf die gesamte Lieferkette bezieht. Gerade exportorientierte Schweizer KMU werden davon auch als Lieferanten der grösseren europäischen Firmen betroffen sein. Zunehmend verlangen diese nämlich einen Nachhaltigkeitsausweis, der weit über einen Code of Conduct hinausgeht. Die privaten Anbieter von solchen teuren Nachhaltigkeitsgutachten haben jedoch keinen Anreiz an einer Einheitlichkeit in der Nachhaltigkeitsbewertung, denn sie wollen sich ja differenzieren. Somit stehen die KMU vor dem Problem, dass nun zwar konkrete Zahlen verlangt werden, doch diese die Glaubwürdigkeit nicht unbedingt erhöhen.
Ein kalibriertes Benchmarkingsystem als Grundlage für die Mess-, Vergleich- und Verifizierbarkeit der Nachhaltigkeitsleistung einer Firma könnte diesbezüglich Abhilfe schaffen. Das damit verbundene Rating und Reporting Tool wäre dann eine integrative Plattform, die Bestehendes nicht ersetzt, sondern integriert. Indem sie allen Dimensionen der Nachhaltigkeit Rechnung trägt, würde sie auch dem Geist der UNO-Nachhaltigkeitsziele nach dem Motto «People, Planet and Prosperity» entgegenkommen. Eine Firma, die im Umwelt- und Sozialbereich (People, Planet) in dem Masse investiert, dass sie die finanzielle Gesundheit des Kerngeschäfts (Prosperity) gefährdet, kann nämlich auch nicht als nachhaltig bezeichnet werden, denn sie muss ja zukunftsfähig bleiben, um eine Wirkung erzielen zu können.
Lesen Sie mehr über das Thema «Nachhaltigkeit» in der aktuellen Ausgabe des swiss export Journals.